9. August 2022 | 19.30 Uhr | Premiere von Gustav Mahlers „Das irdische Leben“ auf YouTube
Im XXIX. Mini-Konzert der Gustav Mahler Vereinigung singt Johannes Wieners (Countertenor), begleitet von Matthias Veit am Klavier, Mahlers „Das irdische Leben“. Dieses Werk stellt einen absoluten Gegenpol zu „Das himmlische Leben“ dar, welches als IX. Mini-Konzert auf YouTube nachgehört werden kann.
Für die Sammlung deutscher lyrischer Volksdichtung „Des Knaben Wunderhorn“, die von Achim von Arnim und Clemens Brentano 1805 und 1808 herausgegeben worden war, empfand Gustav Mahler eine besondere Wertschätzung: Mehr als der Hälfte seiner Lieder liegen „Wunderhorn“-Texte zugrunde. Oftmals wollte er der dichterischen Vorlage durch seine Vertonung einen weit über die eigentliche Aussage der Verse hinausgehenden Sinn verleihen. In dem während seiner Ferien im österreichischen Steinbach am Attersee im Sommer 1893 komponierten Lied „Das irdische Leben“ wird das besonders deutlich. Die grausige Fabel von einem hungernden Kind, das Tag für Tag von seiner Mutter vertröstet wird und schließlich nicht mehr lebt, als das Brot gebacken ist, hat in der Gedichtsammlung den schlichten Titel „Verspätung“. Mahler sah darin jedoch ein Sinnbild für das menschliche Leben überhaupt, „das einem solange das Nötigste, dessen Geist und Leib zum Wachstum bedürfen, hinausschiebt, bis es – wie bei dem toten Kinde – zu spät ist“. Die Titeländerung erfolgte demnach zur Illustration des allgemeineren philosophischen Gehalts. Daneben dürfte sie aber auch in Beziehung zu dem nicht lange zuvor komponierten Lied „Das himmlische Leben“ stehen, das in beinahe jeder Hinsicht einen Gegenpol bildet und somit Mahlers Auffassung von den Unterschieden zwischen einem Leben auf der Erde und einem solchen im Himmel genau widerspiegelt. (Alexander Odefey)
Johannes Wieners,
Countertenor, studierte Kontrabass und Gesang an der Hochschule für Musik und Theater Rostock. Derzeit ist er Student im Master Performance Practice in Contemporary Music an der Kunstuniversität Graz in der Klasse von Prof. Holger Falk.
Schon seit Langem widmet er sich der Neuen Musik, ist Gründungsmitglied des jungen Ensembles für experimentelles Musiktheater Workers Union. Seit 2021 ist er der erste Stipendiat der maria husmann Stiftung e.V., die sich auf die Förderung junger Sänger:innen im Bereich der Zeitgenössischen Musik spezialisiert hat. Meisterkurse im Bereich der Neuen Musik und Gesang führten ihn zu Sarah Maria Sun, Neil Semer, Sarah Wegener u. a.
Im August 2021 sang er Salvatore Sciarrinos Studi per l‘intonazione del mare als Teil der Ostrava Days 2021.
Sein großes Interesse an der Alten Musik führte ihn zu Meisterkursen und Konzerten in Berlin, Bremen und Venedig. Er arbeitete u. A. mit Gemma Bertagnolli, Björn Colell, Sam Chapman und Joachim Held. Als Gründungsmitglied singt er seit 2016 im Ensemble für Alte Musik Due sopra il Basso.
Nebenher ist Johannes Wieners auch als Musikschreibender tätig, 2019 gewann er einen ersten Bundespreis Jugend komponiert für seine Vertonung einer Szene aus Frank Wedekinds Frühlings Erwachen. Im März 2022 wurde eine andere Szene dieses Stücks im resonanzraum in Hamburg uraufgeführt, es folgten Aufführungen an der Oper Graz.
https://www.duesoprailbasso.de/
Matthias Veit
studierte bei Gernot Kahl an der Musikhochschule in Hamburg, Gesang bei Susanne Schumann-Korzuscheck, Peter Elkus und Tom Krause, Interpretationskurse u.a. bei Dietrich Fischer-Dieskau u. Kammermusik bei Ralf Gothóni. Konzerttätigkeit im In- und Ausland, u.a. auf internationalen Festivals als Lied- und Instrumentalpartner international renommierter Solisten wie Maite Beaumont, Angela Denoke, Giora Feidman, Franz Grundheber, Michaela Kaune, Fatma Said, Andreas Schmidt, Michaela Schuster, Hanna Schwarz, u.v.a., ebenso als Solist wie auch selbst als Sänger und Sänger-Pianist (u.a. beim Schleswig-Holstein-Festival), sowie als Klavierduopartner mit Henning Lucius; als Begleiter und künstlerischer Mitarbeiter tritt er an renommierten Instituten (Bayreuth, Salzburg, Savonlinna, Villecroze u.a.) und auf internationalen Meisterkursen zusammen mit zahlreichen weltbekannten SängerInnen wie Elly Ameling, Helen Donath, Cheryl Studer u.v.a. Gundula-Janowitz-Preis regelmäßig in Erscheinung. Auszeichnungen wie der Gundula-Janowitz-Preis d. Internat. Schubert-Wettbewerbs Graz, Rundfunk-, CD- und TV-Produktionen; 1997-99 Interims-Professur an der Hamburger Hochschule, seitdem auch Dozenturen an mehreren Hochschulen Deutschlands.